Aktuelle Tips zu Bewertungsaufwendungen

Fall 1: Empfang des Arbeitgebers zum 60. Geburtstag eines Arbeitnehmers

Lädt ein Arbeitgeber anlässlich eines runden Geburtstags eines Arbeitnehmers Geschäftsfreunde, Repräsentanten des öffentlichen Lebens, Vertreter von Verbänden und Berufsorganisationen sowie Mitarbeiter zu einem Empfang ein, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers und damit um eine betriebliche Veranstaltung (= kein Arbeitslohn) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers (= Arbeitslohn) handelt. Für ein Fest des Arbeitgebers sprechen folgende Indizien:

  • Arbeitgeber tritt als Gastgeber auf
  • Gästeliste wird vom Arbeitgeber nach geschäftsbezogenen Kriterien bestimmt
  • Arbeitgeber lädt in seine Geschäftsräume ein
  • Fest hat den Charakter einer betrieblichen Veranstaltung (Präsentation des Unternehmens nach außen) und nicht einer privaten Feier des Arbeitnehmers. Unschädlich sind private Gäste des Arbeitnehmers (z.B. Ehegatte, Kinder, befreundete Kollegen), solange es sich um einen begrenzten Personenkreis handelt.

Bitte beachten: Bei einem Fest des Arbeitgebers stellen die üblichen Sachleistungen, die gegenüber allen Gästen erbracht werden, keinen Arbeitslohn des Jubilars dar. Allerdings gehören die anteiligen Aufwendungen des Arbeitgebers, die auf den geehrten Arbeitnehmer selbst, seine Familienangehörigen sowie private Gäste des Arbeitnehmers entfallen, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers mehr als 110 € je teilnehmender Person (inklusive Umsatzsteuer) betragen. Auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 40 € sind in diese Freigrenze einzubeziehen (R 19.5 Abs. 2 Nr. 4 LStR 2008).

Wichtig: Die Feier des Arbeitgebers bei einem Arbeitnehmer-Geburtstag ist eine betriebliche Veranstaltung, aber keine Betriebsveranstaltung im Sinne von R 19.5 LStR 2008. Das heißt konkret: Bei der Begrenzung der Anzahl der begünstigten Betriebsveranstaltungen auf zwei pro Jahr ist ein Fest des Arbeitgebers zu Ehren eines Arbeitnehmers nicht einzubeziehen.

Fall 2: Feier eines Arbeitnehmers bei Verabschiedung in den Ruhestand

Wie sieht es aus, wenn nicht der Arbeitgeber die Aufwendungen für eine Feier anlässlich eines persönlichen Ereignisse eines Mitarbeiters (Geburtstag, Einstand, Beförderung, Jubiläum, Verabschiedung usw.) übernimmt, sondern der Arbeitnehmer selbst die Kosten trägt?

Aufgrund des privaten Anlasses der Feier handelte es sich nach der alten BFH-Rechtsprechung grundsätzlich um nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung. Davon ist der BFH erstmals in einem Urteil (Az: VI R 52/03) abgerückt, in dem er über die Bewirtungskosten eines Bundeswehrgenerals aus Anlass der Verabschiedung in den Ruhestand (privater Anlass) und der gleichzeitigen Übergabe der Dienstgeschäfte im Rahmen einer militärischen Veranstaltung auf seinen Nachfolger (beruflicher Anlass) zu entscheiden hatte. An dem anschließenden Empfang im Offiziersheim nahmen Bundeswehrangehörige und Gäste von außerhalb teil. Für einen Teil der Bewirtungskosten kam der Brigadegeneral a.D. wegen nicht ausreichender dienstlicher Mittel selbst auf und machte diese Kosten steuermindernd geltend. Nach der neuen – positiven- Auffassung des BFH sind die Aufwendungen insgesamt beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten anzuerkennen. Nach der Entscheidung des BFH ist nicht allein auf den Anlass einer Veranstaltung als maßgebliches Indiz abzustellen. Vielmehr sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung daneben auch weitere Umstände heranzuziehen. Ob Bewirtungskosten als privat oder beruflich veranlasst anzusehen sind, hängt damit auch von der Antwort auf folgende Fragen ab:

  • In wessen Räumlichkeiten findet die Veranstaltung statt?
  • Wer tritt als Gastgeber auf?
  • Wer bestimmt die Gästeliste?
  • Handelt es sich bei den Gästen um Personen, zu denen keine private Beziehung besteht (Kollegen, Geschäftsfreunde, Angehörige des öffentlichen Lebens, Verbandsvertreter, Pressevertreter) oder in erster Linie um private Bekannte und Angehörige des Arbeitnehmers?

Damit greift der BFH für die Ausgabenseite (also den Werbungskostenabzug) auf die Gesichtspunkte zurück, die er auf der Einnahmenseite bei der Unterscheidung zwischen steuerpflichtigem Arbeitslohn und Zuwendungen im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers entwickelt hat (Fall 1).

Unser Tip: Dokumentieren Sie bei einer Feier anlässlich eines persönlichen Ereignisses die Umstände, die für die berufliche Veranlassung sprechen. Nehmen Sie insbesondere die Gästeliste zu Ihren Unterlagen (Fall 9).

Wichtig: Der beruflichen Veranlassung der Bewirtungskosten stand es im Streitfall nicht entgegen, dass der Soldat keine erfolgsabhängigen Bezüge erhielt. Dies stellt lediglich ein Indiz für die private Veranlassung dar, das im Streitfall aufgrund der sonstigen Umstände jedoch nicht von ausschlaggebender Bedeutung war.

Das heißt im Klartext: Erhält ein Arbeitnehmer nur feste Bezüge, führt dies nach der neuen BFH-Rechtsprechung – ebenso wie ein privater Anlass der Bewirtung – für sich allein nicht mehr dazu, dass ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist, sondern fließt lediglich als Teilaspekt in die Gesamtwürdigung ein.

Bekräftigt hat dies der BFH in einem weiteren Urteil (Az: VI R 78/04), in dem es neben Bewirtungen auch um Werbegeschenke ging. Ein Festgehalt ist danach kein K.o.-Kriterium für einen Werbungskostenabzug mehr. Die berufliche Veranlassung kann sich auch aus „anderen Umständen“ ergeben. Typische Beispiele:

  • Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes
  • Streben nach einer Beförderung.

Vom Wandel der BFH-Rechtsprechung profitiert auch ein Lehrer, der eine ausländische Gastlehrerin bei sich aufnahm und bewirtete. Die im vorinstanzlichen FG-Urteil für die Ablehnung genannte Begründung, der Lehrer habe keine variablen Bezüge erhalten, genügte dem BFH nicht (Az: VI R 43/04).

Fall 3: Gartenfest eines Geschäftsführers zum 25-jährigen Dienstjubiläum

Einen Werbungskostenabzug bejahte der BFH (Az: VI R 25/03) auch im folgenden Fall: Zum 25-jährigen Dienstjubiläum veranstaltete ein angestellter Geschäftsführer im kaufmännischen Bereich einer KG, der neben einem festen Gehalt eine Tantieme bezog, die etwa zwei Drittel seiner gesamten Bezüge ausmachte, in seinem Haus ein Gartenfest ausschließlich für seine Mitarbeiter (ohne Ehepartner).

Zuvor hatte der Arbeitgeber bereits eine eigene Jubiläumsfeier allein mit Gästen von außerhalb durchgeführt. Die für das Gartenfest angefallenen Bewirtungskosten erkannte der BFH insbesondere aufgrund der variablen Bezüge des Geschäftsführers als Werbungskosten an. Für eine berufliche Veranlassung sprachen nach Auffassung der BFH-Richter insbesondere folgende Punkte:

  • Es wurden ausschließlich Betriebsangehörige bewirtet
  • Die Feier diente der Motivation der Mitarbeiter
  • Der Geschäftsführer hatte bereits auf der zuvor von seinem Arbeitgeber veranstalteten Jubiläumsfeier Gelegenheit, seinen gesellschaftlichen Repräsentationspflichten gegenüber gleichrangigen Personen nachzukommen.

Die Durchführung des Festes im privaten Garten des Geschäftsführers sah der BFH als unschädlich an.

Fall 4: Feier eines Büroleiters zum fünfjährigen Bestehen der Behörde

Ein interessantes Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 68/06 anhängig. Das FG Niedersachsen (Az: 1 K 11346/02) hatte als Vorinstanz entschieden: Ein Behördenleiter mit festen Bezügen kann seine Aufwendungen für eine Betriebsfeier aus Anlass des fünfjährigen Bestehens der Behörde steuermindernd geltend machen.

Zu der Feier im Sozialraum des Amtes waren im Anschluss an eine Dienstbesprechung zum Zwecke der Belohnung und weiteren Motivation ausschließlich Mitarbeiter eingeladen. Dem Werbungskostenabzug steht es nach Auffassung der Richter nicht entgegen, dass der Dienstherr weder die Notwendigkeit der Feier bescheinigt noch einen Teil der Kosten übernommen hat.

Fall 5: Betriebsfest anlässlich der Antrittsvorlesung eines Chefarztes

Bereits für den 10. Juli 2008 ist die mündliche Verhandlung des BFH im Verfahren VI R 26/07 terminiert. Das FG Köln (Az: 9 K 3989/06) hatte als Vorinstanz die Aufwendungen eines Chefarztes und Hochschullehrers für ein Betriebsfest im Anschluss an die Antrittsvorlesung nicht als Werbungskosten anerkannt. Da an der Feier fast ausschließlich Mitarbeiter teilnahmen, wird davon ausgegangen, dass der BFH im Hinblick auf seine neue Rechtsprechung (Fall 2) die Bewirtungskosten des Chefarztes anerkennt.

Fall 6: Aufteilung gemischt veranlasster Bewirtungskosten

Was passiert, wenn eine Feier gemischt veranlasst ist, weil neben Kollegen und Mitarbeitern im nennenswerten Umfang auch Angehörige und private Bekannte teilnehmen? Nach Auffassung des Fiskus ist in diesem Fall keine Aufteilung der Bewirtungsaufwendungen in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung möglich. Die Kosten sollen insgesamt nicht abzugsfähig sein.

Dieses sog. Aufteilungsverbot steht jedoch beim Großen Senat des Bundesfinanzhofs (Az: GrS 1/06) auf dem Prüfstand. Nach einem positiven Urteil des 6. BFH-Senats (Az: VI R 94/01) darf das Finanzamt bei gemischten Reisen den Abzug der Reisekosten nicht komplett versagen. Kombinieren Sie eine berufliche Reise mit privaten Unternehmungen (z.B. Familienbesuch) können Sie daher die Kosten der An- und Abreise entsprechend den beruflich und privat veranlassten Zeitanteilen anteilig als Werbungskosten absetzen. Bestätigt der Große Senat das positive BFH-Urteil, wird die Finanzverwaltung wohl nicht umhin kommen, nicht nur bei gemischten Reisen, sondern auch bei gemischt veranlassten Bewirtungen eine Aufteilung zuzulassen. Eine Aufteilung – nach Anzahl der Personen – ist auch hier leicht und einwandfrei durchzuführen.

Fall 7: Keine Abzugsbeschränkung bei Bewirtung eigener Mitarbeiter

Werden anlässlich einer Feier ausschließlich Kollegen und Mitarbeiter bewirtet, sind die angemessenen Bewirtungskosten nicht nur in Höhe von 70 %, sondern in voller Höhe abzugsfähig. Die Abzugsbeschränkung bei Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass (30 % der Bewirtungskosten sind hier nicht als Betriebsausgaben abziehbar) greift bei betriebsinternen Bewirtungen nicht.

Wichtig: Nach einem aktuellen BFH-Urteil (Az: I R 75/06) sind bei der Bewirtung von freien Mitarbeitern und Handelsvertretern – anders als bei angestellten Mitarbeitern – nur 70 % abzugsfähig. Leider teilt der BFH nicht die steuerzahlerfreundliche Auffassung der Vorinstanz (FG Rheinland-Pfalz, Az: 1 K 1962/05), wonach die Kosten zu 100 % anzuerkennen sind.

Unser Tip: Verlangen Sie bei Seminar-, Vortrags- und Schulungsveranstaltungen von allen Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, eine pauschale Gebühr, die auch die Speisen und Getränke während der Veranstaltung umfasst. Dann greift das Abzugsverbot nicht (R 4.10 Abs. 5 Satz 6 EStR 2005).

Fall 8: Aufmerksamkeiten und Verkostungen sind in voller Höhe abzugsfähig

Keine Bewirtung liegt vor bei der Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie z.B. • Kaffee • Tee • kalte Getränke • Gebäck • Süßigkeiten • Zigaretten), die in den Büroräumen beispielsweise anlässlich betrieblicher Besprechungen Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten angeboten werden, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt.

Aufmerksamkeiten können unbegrenzt als Betriebsausgaben abgezogen werden. Die Höhe der Aufwendungen ist dabei nicht ausschlaggebend. Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verkauf von Produkten (z.B. bei Verkostungen im Herstellungsbetrieb, beim Kunden, beim Händler oder bei Messeveranstaltungen), handelt es sich bei den Bewirtungskosten um Werbeaufwand, der unbeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden kann. Das gilt nach R 4.10 Abs. 8 EStR 2005 auch dann, wenn ein Dritter mit der Durchführung der Verkostung beauftragt war.

Fall 9: Formvorschriften bei Bewirtungskosten unbedingt beachten

Auch bei einer Feier müssen Sie zum Nachweis der Höhe und der beruflichen Veranlassung von Bewirtungskosten schriftlich Angaben machen zu:

  • Ort
  • Tag
  • Teilnehmer
  • Anlass der Bewirtung sowie zur
  • Höhe der Aufwendungen.

Bei Bewirtung in einer Gaststätte genügen Angaben zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung. Vergessen Sie nicht, auch Ihren eigenen Namen anzugeben! Eine Besonderheit gilt bei Kleinbeträgen. Nach R 4.10 Abs. 8 EStR 2005 muss eine Bewirtungsrechnung den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen nur enthalten, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 100 € übersteigt. Nur bei höheren Beträgen müssen Sie also den Gastwirt bitten, Ihren Namen mit auf die Rechnung zu schreiben.

Während einkommensteuerrechtlich also eine Grenze von 100 € gilt, ist ab 2007 für den Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer die Angabe des Rechnungsempfängers bei Kleinbetragsrechnungen bis 150 € nicht erforderlich (§ 33 UStDV). Im Klartext: Ab 2008 muss eine Rechnung bis maximal 150 € aus ertragsteuerlicher Sicht folgende Angaben enthalten:

  • Name der Gaststätte
  • Anschrift der Gaststätte
  • Tag der Bewirtung

Bei einem Rechnungsbetrag über 150 € ist zusätzlich der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen erforderlich.

Wichtig: Es geht nur darum, dass der Gastwirt den bewirtenden Steuerpflichtigen auf der Rechnung angibt. Im Bewirtungskosten-Formular muss der Bewirtende in jedem Fall mit aufgeführt werden, also auch bei Kleinbeträgen.

Unser Tip: Trinkgelder müssen vom Kellner nicht quittiert werden. Bei einem üblichen Trinkgeld (also etwa 10 % des Rechnungsbetrags) reicht ein Eigenbeleg vollkommen aus. Hinweis: In einem aktuellen Urteil (Az: VI R 77/04) hat der BFH klargestellt, dass der berufliche Anlass nicht automatisch als nachgewiesen gilt, wenn das Bewirtungskosten-Formular korrekt ausgefüllt ist. Ob Aufwendungen für Bewirtungen tatsächlich durch den Beruf veranlasst sind, entscheidet sich nach den allgemeinen Grundsätzen.

Fall 10: Bewirtungskosten sind einzeln und getrennt aufzuzeichnen

Wichtig für Freiberufler und Gewerbetreibende: Bewirtungskosten sind nach § 4 Abs. 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben in einem besonderen Konto (bei Bilanzierung) oder in einer besonderen Spalte (bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung) aufzuzeichnen. Die Aufzeichnungen sind zeitnah, das heißt innerhalb von ca. 10 Tagen nach der Bewirtung, vorzunehmen. Die Beachtung der besonderen Aufzeichnungsvorschriften ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung als Betriebsausgaben. Bei einem Verstoß sind daher die Bewirtungskosten generell nicht abzugsfähig.

Fall 11: Voller Vorsteuerabzug für Bewirtungskosten möglich

Wichtig für Unternehmer: Das Finanzamt erkennt zwar bei der Gewinnermittlung nur 70 % der geschäftlich veranlassten Bewirtungskosten als Betriebsausgaben an. Bei der Umsatzsteuer können Sie dennoch die volle Vorsteuer für angemessene und nachgewiesene Aufwendungen geltend machen (§ 15 Abs. 1a UStG). Unser Tip: Erkennt das Finanzamt angemessene Bewirtungsaufwendungen allein wegen nicht eingehaltener Formvorschriften (Fälle 9 und 10) einkommensteuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben an, können Sie nach einem positiven BFH-Urteil (Az: V R 49/02) dennoch bei der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug beanspruchen.